Mittwoch, 27. Februar 2019

Dankbarkeit


¡Hoooollllaaa!


Mann; ich bin doch einfach ein wahnsinnig privilegierter Mensch. Ich verstehe oftmals nicht, weshalb ausgerechnet ich so viele Privilegien geniessen darf.
Diese Gedanken gingen mir in den letzten Tagen oftmals durch den Kopf. So Vieles läuft einfach super! Das Projekt macht richtig Spass, ich habe genug Geld, lebe an einem schönene Ort und meine zukünftige Hochschulausbildung ist auch gesichert. Mein Leben ist das Zeichen der unverdienten Gnade Gottes. Doch Alles der Reihe nach. Nur so viel; heute wirds etwas persönlich und möglicherweise überschwänglich.

Am Samstag war Party angesagt. Eine Volunteerin aus Frankreich hatte ihr letztes Wochenende hier in Buenos Aires und so ging Johnny, der als "allseits bekannter Partyheld bekannt ist" (Ironie aus), wohl oder übel mit zur Fiesta. Hier in Argentinien ist es etwas anders als in Europa. Während man in unseren Breitengraden um 2:30 langsam ans nach Hause gehen denkt, fängt hier die Sause erst richtig an.   Die Party war als solche nicht mal so übel und einige von uns, welche ihren Pass vergessen hatten, kamen trotzdem rein, weil sie einfach einen Ausweis von jemand anderem aus der Gruppe nahmen :-) Abgesehen von dieser Party bin ich jedoch mehr darauf aus in "beständigere" Dinge zu investieren. Ferien zum Beispiel. In den letzten Tagen habe ich viel Zeit für meine Patagonienreise investiert.     Es wird schweineteuer, aber dennoch hoffentlich ein fantastisches Erlebnis. Vom 17.3-31.3 werde ich alleine im Süden von Argentinien unterwegs sein. Leider muss ich 2x fliegen, was mich ziemlich stört, jedoch geht es aufgrund der Distanzen leider nicht anders.

An dieser Stelle ein GIGANTISCHES Dankeschön an meine wunderbaren Eltern, welche mich in all den schwierigen Zeiten bedingungslos unterstützt haben und mir nun sogar solch eine wahnsinnig geniale Gelegenheit in Argentinien ermöglicht haben. Ich weiss das enorm zu schätzen (oftmals dennoch zu wenig...). Merci tuusig für Aues! 💗

Am Montag hatten wir dann Besuch von einer Gruppe kanadischer Pflegestudentinnen (fairerweise erwähne ich hier auch noch die zwei Männer ;-) ) im Projekt. Sie absolvieren momentan im Rahmen ihrer Ausbildung einen zweiwöchigen Auslandaufenthalt. Und da die kanadische Crew mit der gleichen Dachorganisation wie wir  kooperiert, gehören auch Einblicke in die hiesigen Projekte dazu. Da bietet sich unser Vorzeigeprojekt natürlich an. Es war ein rundum gelungener Nachmittag, den wir mit selbstgemachten Pizzen, Spielen und dem Bemalen des Projektautos verbrachten. Die Rückreise gestaltete sich dann wieder abenteuerlich. Wie bereits bei der Hinfahrt nahmen wir den Bus und das dauert... Als erstes muss man sich an der Haltestelle mit Hilfe von Handzeichen bemerkbar machen (und auch dann ist es nicht 100% garantiert, dass der Bus hält). Anschliessend fährt man ca. 1-1,5h bis man in der Stadt ist. Das Ganze wird noch angenehmer wenn es keine freien Sitzplätze gibt und der Buschauffeur ab und an seine wunderbaren Bremsen ausprobieren will. Okay, so schlimm war es nicht, aber es gibt Angenehmers.
Wenn ich meine Probleme mit denjenigen der Bevölkerung in Monte Chingolo vergleiche, sollte ich mich schämen. Eine Geschichte geht mir dabei ziemlich nahe. Es gibt ein Junge im Projekt, der ziemlich auffällig und leider viel zu schwer für sein Alter ist. Oftmals nervt man sich über ihn, doch muss man auch seinen Hintergrund verstehen. Er lebt in einer wirklich schwierigen Familie und seine Grossmutter gab ihm bis vor einem Jahr noch Aufbaunahrung für Babies zu essen. Daher kommt auch sein Übergewicht. Er ist sicher schon von Natur aus auffällig, wäre jedoch mit besseren Umständen an einem anderen Punkt als jetzt. Daher ist es immer schön zu sehen, wenn er mich in irgendeiner Weise mit etwas Positivem überrascht.
Etwas Weiteres war die Runde als wir über das Thema Gewalt & Diskriminierung sprachen. Leider ein Thema,  das zu oft in dieser Gegend vorkommt. Die Kinder erzählten dabei zu meinem Erstaunen offen über Situtationen in denen sie solche Erlebnisse gemacht oder gesehen haben.

Nun zu etwas Aufbauenderem. Schön finde ich die argentinische Tradition, dass man sich jeweils zur Begrüssung und zum Abschied ein Küsschen auf die Wange gibt. Als ein Mensch, der Nähe zulassen muss, ist es etwas Wertvolles davon zu lernen. Dieses argentinische Eigenheit ist besonders in unserem Projekt sehr evident, um eine Connection zu den Kids aufzubauen und ihnen Wertschätzung zu geben.  Jedes Mal bevor die Kinder von ihren Eltern abgeholt werden, warten die Mitarbeiter vom Projekt beim Ausgang und die Kids, welche in einer Schlange stehen, geben jeweils uns allen ein "besito".

Heute überkamen mich ein wenig Heimatgefühle, als ich im Radio der Projektküche tatsächlich einen DJ-Bobo Song hörte. Die Schweizer sind halt schon überall ;-)
Morgen hat eine der Gründerinnnen des Projekts ihren letzten Tag, bevor sie nach Spanien auswandert, weshalb wir heute mehrere Lieder einstudiert/repetiert, die wir morgen zum Besten geben werden (Nein; nicht DJ Bobo).


Jo's Corner 

Am Samstag hatten wir einen längeren Stromausfall. Für uns als "Ichmussmeinhandyalle30sekundenabcheckendamitichnichtetwasverpasse" - Generation eine willkomene Abwechslung ;-) Ich jedenfalls genoss es enorm! Kein W-Lan! Unglaublich wie abhängig wir von all diesen Gadgets und ganz grundsätzlich vom Strom sind. Ich nahm ein Heft hervor und begann mir Notizen zu bevorstehenden Dingen zu machen und besonders fing ich an ein Gedicht zu schreiben. Wann war es das letzte Mal als ich etwas in dieser Art machte? Jedenfalls ziemlich lange her. Und in solchen Situationen hat man dann eben auch viel Zeit über sein Leben nach zu denken und zu sehen wie Alles langsam aber sicher Sinn macht. Ich habe Vieles versaut und bin schlussendlich doch irgendwie sanft gelandet. Es ist immer noch absurd, dass ich tatsäschlich in Buenos Aires bin und hier sechs Monate verbringen darf. Wie gesagt, unverdiente Gnade.

Schaffst du es einmal einen ganzen Tag lang dein Smartphone auf die Seite zu legen und dich gegen die Knechtschaft dieses kleinen viereckigen Dings aufzubäumen? Probiere es doch mal ;-) Vielleicht braucht es ja auch bei dir einen Stromausfall, um wieder zu realisieren, dass man an einem Samstagabend doch mal zusammen ein Brettspiel spielen oder sonntags einen längeren Spaziergang unternehmen könnte. Neben den positiven Aspekten sind Smartphones Kreativitätsfresser in dem sie uns die Zeit rauben, welche wir in reale Dinge investieren könnten (Lesen, Schreiben, Kochen, Tanzen, Singen usw.). Just be aware ;-)


-Jo



Malen mal anders




La Ronda mit den Kanadier/innen

Spielen mit den Kids

Fleissig am Lieder üben

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