Montag, 19. August 2019

El final

La ultima vez! Tena jistilign!

Die letzten Tage waren intensiv. Nicht nur emotional, sondern auch mit all dem, was ich noch machte. Am Montag sah ich mir eine Perkussions-Show, die sich "Bomba del Tiempo" nennt, an. Als passionierter Drummer natürlich ein Spektakel und genau mein Metier. Gefühlsvolle Rhythmen, tolle Stimmung; ein gelungener Abend. Während des Events sind mir zwei Dinge aufgefallen: 1. Das es jede/r einzelne von den Musikern brauchte, um einen fetten Sound auf die Bühne zu bringen. Egal, ob es sich nur um die Rasseln oder gleich eine Trommel handelte. Alle waren wichtig. Und so geht es auch in unserem Leben. Jede Person kann etwas mit seinem Talent beitragen. 2. Das ist mehr eine subjektive, humorvolle Einschätzung; habe ich alle Klischees von Konzertbesuchern an diesem Event erlebt. Das möchte ich euch nicht vorenthalten. Leute, die in kurzer Distanz neben mir standen: Der Vogelnest-Mann (Haare wie ein Vogelnest); die Ein-Kopf-Grösser-Frau; der bekiffte Dread-Head (inkl. seiner Marihuana rauchenden Kollegen trotz Rauchverbot); der Bommelmützenträger; der Softie-Sunnyboy, welcher jedes Mal eine andere seiner Kolleginnen im Arm hielt und seine Haare beinahe in meinem Gesicht hatte; die pogende Mittdreissigerin, die jemanden anstiess und meine Jacke dadurch einen Schluck Bier abbekam; und last but not least die ohrenbetäubend pfeifende Zwanzigjährige, die mir fast ein Hörsturz bescherte.
Am Dienstag wurde es das erste Mal emotional. Nicht nur das Ben und Soledad mit den Kindern ein Lied für mich einstudiert haben, sondern dass ich mich von Sole verabschieden musste.
Dazu kam mir an diesem Tag eine weitere Erkenntnis. Wie wunderbar es doch ist, eine warme Speise zu sich zu nehmen. Ich habe am Morgen ausnahmsweise nicht viel gefrühstückt und war dementsprechend hungrig. Die warme Polenta tat enorm gut bei den zurzeit eisig herrschenden Temperaturen. Man stelle sich nun aber vor es sei generell meine erste Mahlzeit des Tages und nicht ein Ausnahmefall. Genau so geht es einigen Kindern im Projekt. Man lernt sogar beim Essen zu schätzen, was man hat!   

An den beiden darauffolgenden Tagen hatte ich mir eigentlich vorgenommen noch einmal Tango zu tanzen und an einen Mundolingo-Event zu gehen. Daraus wurde dann aber nichts. Einerseits war ich am Dienstag ziemlich müde und genoss die Gemeinschaft mit den anderen Volunteers und andererseits traf ich mich am Mittwoch mit Ben und noch ein paar anderen in einer Cerveceria, um meinen Abschlussabend zu feiern. Was wurde mir bewusst? Tango tanzen und Spanisch sprechen kann ich auch noch zu Hause, aber gute Freunde zu haben und mit denen Zeit zu verbringen ist nicht mit Gold aufzuwiegen. Ganz im Sinne des Leitsatzes: Man muss nicht immer alles gemacht und gesehen haben.

Nun ist das Abenteuer Argentinien vorbei. Es war, um es in einem Wort zusammenzufassen,
M A G I S C H.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mit so einer Fülle an neuen Erfahrungen meine Heimreise antreten darf. Mein Reisegepäck, voll von schönen Erinnerungen, kreativen Ideen und inspirierenden Momenten. Und klar, da gab es auch die einen oder anderen herausforderenden Situationen, doch sie machten mich resistenter und erhöhten meine Frustrationstoleranz. Ich hätte mir zudem kein besseres Projekt ausdenken können und auch die Sprache, besonders mit dem Akzent der Porteños (Rio de la Plata Spanisch) gefiel mir sehr gut. Es ist eine absurde Situation. Jetzt, wo ich richtig angekommen bin und mich langsam wohl fühle, muss ich meine Zelte schon wieder abbrechen.

Der Abschied fiel mir schwer. Ich habe mir im Voraus schon gedacht, dass es ziemlich hart wird, aber eben... In der Ronda Final mit den Kids war ich schon den Tränen nahe, besonders als sie mich nochmals alle herzlich umarmten und nicht wollten, dass ich gehe. Es war ein wundervoller Tag, wie aus dem Bilderbuch, obwohl er damit startete, dass Ben ein Rad bei seinem Auto ("La Bestia") wechseln musste ;-) Im Projekt nochmals wie ein Schwamm alle Eindrücke aufsaugen und einfach geniessen! Das liebe Monte Chingolo ist/bleibt ein spezieller, verrückter Ort, den ich irgendwie vermissen werde. Oder habt ihr schon einmal einen Fahrradfahrer mit nur einem Hinterrad gesehen? Richtig emotional wurde es dann als nur noch das Team in der Küche war und wir die Besprechung hatten. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten, als alle Dinge aufzählten, die sie an mir schätzten. Emotionen zulassen, auch wenn man als Mann das stärkere Geschlecht darstellen sollte, ist befreiend und authentisch.

Nun wirds persönlicher: Was mich am Meisten berührt hat, ist die Tatsache, dass ich mehr zu mir selbst gefunden habe. Vom damaligen, eher neutralen Menschen zu einer Person, die Leidenschaften entwickelt und neue Interessensgebiete kennengelernt hat. Ich weiss nun mehr, was ich will und wer ich bin. Die konkretere Auseinandersetzung mit meinen Wurzeln trug ebenfalls dazu bei. Was für ein kostbares Geschenk ist es doch äthiopischer Abstammung zu sein und dieses wertvolle Gut zu kultivieren. Viel zu oft bin ich mir dessen nicht bewusst. Es ist ein Schatz, der mir auf den Weg mitgegeben wurde. Deshalb auch die Begrüssung auf Amharisch.
Ich bin ein Fan von Struktur und konkreten Ansätzen. Daher eine kleine, zusammengefasste Retrospektive auf die vergangenen sechs Monate.  

Was werde ich vermissen:

- Die Freiheit und Selbständigkeit
- Die Leute und Kinder aus dem Projekt
- Die Diversität an Aktivitäten im Projekt
- Der argentinische Lebensstil (Mate, Dulce de Leche...)
- Die Vielfältigkeit der Natur
- Das Entdecken einer neuen Kultur/Reisen
- Castellano
- Kochen mit Ale, Mate trinken mit Sergio, Philosophieren mit Ben, Witzeln mit Sole, Plaudern mit  Gonza

Was weniger:

- Das Bad zeitweise mit gefühlten 30 Personen teilen zu müssen (Hygiene...? Na ja...)
- Die Küche inkl. Frittiergeruch (que quilombo a veces)
- (Mit jüngeren Menschen, die an einem anderen Punkt des Lebens stehen, zusammenzuleben)
- Mich nicht richtig in der Sprache ausdrücken zu können und das frustrierend sein kann*
- Geld wechseln*
- (Keine wirkliche Möglichkeit tiefgründige Gespräche zu führen/zu philosophieren)
- Die Rush Hour in der Metro und der Hundekot auf den Trottoirs

Was hätte ich besser machen können: 

- Mehr in die Spanische Sprache investieren
- Aktiver im Projekt agieren mit eigenen Vorschlägen und Ideen
- Offener gegenüber anderen Menschen sein, häufiger das Gespräch suchen und mir eine  argentinische Community aufbauen
- Seize the day! Lazyness brings you nothing 
- Sich weniger Sorgen machen und nicht nur auf mich schauen

Was hätte ich mir gewünscht:

- Mehr Leute in meinem Alter/Gleichgesinnte
- Mehr direkte Challenges im Projekt --> "Konfrontation" anhand von mehr Verantwortung durch die Co-Workers

*Dazu ein paar Gedanken:

Beginnen wir mit dem Geld. Ja es ist mühsam, wenn man nichts verdient und daher auf den Taschen seiner Eltern sitzt. Einerseits wird man geiziger, muss sparsam leben und sich Gedanken machen, was man sich leisten soll und was nicht. Doch andererseits erschliesst sich daraus durchaus eine Horizonterweiterung. Ich weiss viele von euch denken sich jetzt, Johnny was jammerst du wieder. Du kommst aus einem doch eher wohlhabenden Elternhaus und bist am nörgeln. Ja, das stimmt. Besonders als Einzelkind ist/wird man egoistisch und gewöhnt sich an einen gewissen Lebensstandard, ob man will oder nicht. Gott sei Dank darf ich hier mit meinen Schwächen konfrontiert werden. Auf der einen Seite bewusster Geld ausgeben, auf der anderen sich weniger Sorgen über diese vergängliche, materielle Sache zu machen!
Das Gefühl jedoch sich wie ein Arbeitsloser zu fühlen und das Geld Anderer auszugeben ist keine einfache Angelegenheit. 
Die liebe Sprache. Ich hätte sicher noch mehr herausholen können was das Spanisch betrifft. Da kommen wieder meine schwachen, undisziplinierten Momente zum Vorschein (kein konkretes Ziel vor Augen zu haben ist dabei sicher nicht förderlich). Hinzu kommt meine teils introvertierte Art und die Tatsache, dass ich nie wirklich ein fester Bestandteil der Volunteer-Gruppe war. Ich war noch nie wirklich als Party-Animal bekannt und kam so auch häufig nicht auf die Party-Tour am Wochenende mit. Das Praktizieren der Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg --> Ohne Fleiss kein Preis.  Glücklicherweise habe ich aber in einer Facebookgruppe für Sprachinteressierte, Kontakt mit einer Argentinierin geschlossen, welche mit mir hoffentlich ab und zu skypt. Ziel ist es dabei, dass sie besser Deutsch lernt und ich mein Castellano verbessere/nicht verliere.

Zum Schluss danke ich zum einen euch allen, dass ihr mich über die sechs Monate hinweg auf meinem Blog begleitet habt. Für eure grossartige Unterstützung, all die lieben Feedbacks und genialen Updates aus der Heimat. Zum andern meinen fantastischen Eltern ohne die ich dieses ganze Abenteuer nie hätte machen können. Ihr seid die Besten! Mein Hauptdank gilt jedoch Jesus, der mich zu dieser Person gemacht hat, die ich jetzt bin. Mit einer nicht beschreibbaren Genialität, enormer Geduld und viel Fürsorglichkeit begleitete er mich in den letzten (nicht immer einfachen) Jahren und ermöglichte mir speziell in meinem 26. Lebensjahr enorm viel.
Mein Leben ist das Zeichen seiner Gnade!


Gracias por todo - Merci viu mau für Aues - Amesegenallu


-Jo


Jo's Corner: 

Ich wurde so reich beschenkt in den letzten sechs Monaten, dass ich grosszügiger werden möchte (fällt als Einzelkind nicht immer so leicht). Das Projekt von Ben ist hierbei wirklich eine wundervolle Sache und ich lege es euch aufs Herz zu prüfen, ob ihr es nicht unterstützen wollt. Das Geld kommt zu 100% dem Hilfswerk zu Gute und ermöglicht den Kindern in Monte Chingolo aus ihrem herausfordernden Umfeld auszubrechen. 

Wir danken für jeden Franken, ist es etwas mehr danken wir sehr.

The project
https://socialopportunitygroup.com/home

Spendelink:
https://www.givenow.com.au/socialopportunitygroup




All the volunteers

Bomba del tiempo

Johnny, no te vayas!

Black & White

Das letzte Mal Auspowern mit den Kids

Juancito!


These boots are made for walking.. ;-)




Sonntag, 11. August 2019

Falta solamente un poco

El Penultimo

Weniger als eine Woche fehlt mir noch, bis ich mich ins Flugzeug Richtung Heimat setze.
Ich werde Argentinien vermissen, so viel steht schon mal fest. Keine Ahnung wie es für mich wird, wenn ich Schweizer Boden unter den Füssen habe und voll wieder in den Ernst des Lebens eintauche. Bereits Marius, der "nur" vier Wochen vor Ort war, hatte seine Mühe bei seiner Rückkehr ;-) Wir werden es sehen...
Am Sonntag ging ich an einen Spanischkonversations-Event. Gemütlich in einem Café in Parlermo sitzend, traf ich auf spannende Menschen, spielte ein cooles Kartenspiel (Card Against Humanity Version Argentina) und unterhielt mich mit meinen begrenzten Spanischkenntnissen.
Neben einigen nicht ganz jugendfreien Begriffen lernte ich auch wieder kleinere sprachliche Facetten besser kennen und konnte einfach durchs Zuhören mein Hörverständnis etwas verbessern. Doch es ist und bleibt nicht einfach. Mir fehlen die Nuancen, die ich während dem Sprechen miteinfliessen kann. So oft möchte ich mich profunder und vielseitiger ausdrücken, doch es gelingt mir nicht. Es ist als würde man Apfelschorle trinken, allerdings Süssmost bevorzugt. Man schmeckt zwar den Apfelsaft, doch er ist mit Mineralwasser verdünnt.

Die neuen Volunteers aus Deutschland sind angekommen. Gegen all meine Befürchtungen sind diese sehr nett, anständig und offen. Ich habe richtig Gefallen an meiner Rolle als WG-Koordinator und Ansprechperson gefunden. Interessant zu sehen, was sie mich alles fragen und welche Aspekte die noch jungen Menschen beleuchten, an die ich zweitweise, gar nicht denken würde. Zwischendurch braucht es Andere, damit man selbst wieder aus dem Alltagstrott rausgezogen wird und sieht, was sich alles schon ereignet hat. Quasi im positiven Sinne einen Spiegel vorhalten. 
 
Gestern war ein emotionaler Tag und ich hatte ein ziemliches Schlüsselerlebnis im Projekt.
Zum ersten und vermutlich aufgrund der wenigen Zeit auch letzten Mal durfte ich eine Aktivität mit allen Kindern "leiten" (die Idee stammte von mir, sprachliche + organisatorische Mithilfe von Ben und Sergio). Es ging darum, dass jedes Kind auf ein kleines Kärtchen etwas aufschrieb, dass es nicht mehr in seinem Leben haben möchte. Egal ob es nun irgendwelche Ängste, Scham oder dergleichen ist. Dieses Stück Papier wurde anschliessend gefaltet und als symbolischer Akt ins Feuer geworfen. Das Alte ist vergangen, Neues bricht auf. Ich bin eine visuelle Person und liebe es daher Dinge zu visualisieren. Wenn dabei sogar noch eine kleine spirituelle Note beigemischt wird, umso besser. Danach gab es einen kleinen rechteckigen Karton, worauf man genau das Gegenteil schrieb oder zeichnete. Was will ich in meinem Leben? Etwas Negatives wird also durch etwas Positives ersetzt.
Der grosse Aha-Moment kam erst bei der täglichen Austauschrunde, nachdem die Kinder bereits gegangen waren. Ich hatte das Gefühl, dass meine Aktivität vielleicht doch etwas zu tiefgründig war. Denn anhand der Reaktionen von einigen wurde ich etwas verunsichert und auch allgemein war die Stimmung eher etwas aufgeheizt an diesem Nachmittag. Als ich jedoch sah, was die Kinder auf ihre Karten geschrieben haben und das Feedback meiner zwei Arbeitskollegen dazu hörte, war ich den Tränen nahe. Besonders als mir Sergio sagte, er habe so was immer schon einmal machen wollen und es eine Fügung des Lebens brauchte, damit er es heute tat, hatte ich doch gerade einen Kloss im Hals. Wenn mich jemand jetzt fragen würde, wie ich Jesus im Alltag erlebe, dann wäre dieses Beispiel bestimmt ein Würdiges. Es kommt immer auf die Perspektive darauf an! Nur weil ich aus meinem Blickwinkel etwas als (nicht) beachtenswert empfinde, heisst das nicht automatisch, dass dies auch für eine andere Person gilt. Dazu zwei aktuelle Beispiele. Eines ereignete sich auf der Rückfahrt, als wir Ale nach Hause brachten. Als ich sah in welcher Umgebung und unter welchen Umständen (sah das unverputzte Haus nur von aussen) lebte, schämte ich mich ein wenig. Scham darüber, doch einfach dankbarer zu sein mit dem was ich habe. Für sie ist das Alltag und völlige Normalität. Wenn man so aufwächst kennt man es nicht anders.
Das zweite Beispiel stammt vom bekannten Internetstar Jay Shetty. Ich werde es euch so gut wie es geht darlegen. Es handelt von einem Mann (A), der seinem besten Kollegen (B) mitteilt er würde eine sehr attraktive Dame (C) daten und ihm daraufhin ein Foto zeigt, worauf neben seiner Angebeteten auch noch eine weitere Frau (D) zu sehen ist. Als sein Freund daraufhin sagte es sei sicher die Frau im rechten Teil des Bildes, verneinte der Andere und wurde verunsichert. Beim darauffolgenden Date fokussierte sich A daher plötzlich auf mögliche optischen Mängel von C und begann daraufhin die andere Frau zu daten. Das Ganze mit der Fragerei wiederholte sich ein zweites Mal, wobei es aber dieses Mal C war, die von einem anderen Freund von A als attraktiv eingestuft wurde.
Ihr könnte euch die Moral der Geschichte vorstellen.

Wir dürfen uns erstens nicht auf Äusserlichkeiten beschränken und direkt darüber urteilen. Nicht die Umgebung ist das Problem, sondern wir und unsere Perspektive. Zweitens müssen wir uns selbst treu bleiben! Wenn du eine Frau/einen Mann liebst, die/den andere als zu wenig schön betrachten, lass dich nicht durcheinanderbringen, sondern gehe deinen Weg.

Tags darauf wurde ich spontan angefragt, ob ich gerne was kochen wolle. Ich habe zwar zuvor einmal meinen Wunsch dazu geäussert, jedoch nicht damit gerechnet es gerade ohne Vorbereitung zu tun. Nun gut. Leider gibt es nicht so viele schweizerische Gerichte, die als "gesund" eingestuft oder den Kindern schmecken könnten. So entschied ich mich schon einmal im Voraus Rösti machen zu wollen. Gesagt getan. Zwar wurden die geraffelten Kartoffeln im Ofen zubereitet, da die Bratpfanne nicht geeignet war, doch fand mein Gericht grossen Anklang. Es berührte mich sehr, als viele der Kids mein Essen rühmten und einer sogar das Rezept wollte. Was bin ich doch für ein gesegneter Mensch. Ohne grosses Zutun habe ich unbewusst ein zweites Mal den Nagel auf den Kopf getroffen.
Das meine ich, wenn ich von der Gnade Gottes spreche!
Spontan zu handeln und nicht immer auf den richtigen Moment mit der perfekten Vorbereitungszeit zu warten. Diese Art geht gegen meine Natur und genau darum ist es sinnvoll gelegentlich ins kalte Wasser zu springen oder halt reingeschubst zu werden.

Wie einige von euch wissen. war ich schon von Kindesbeinen an grosser Fan vom Universum und wollte lange Zeit Sternenforscher (Astronom) werden. Bis ich zu meinem Leidwesen realisierte, dass meine Stärken weder in der Mathematik noch in der Physik liegen und das Ganze doch etwas komplexer ist, als nur etwas in den Sternenhimmel zu schauen. Zum Glück gibt es dazu andere Menschen. Und dennoch kann ich mir als Laie wenigstens einen Eintritt ins örtliche Planetarium gönnen, um etwas in diese Welt einzutauchen. Die Show gefiel mir sehr gut und ich kam mir teilweise wie ein kleines Kind vor, das aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Es ging um die Sonne. Man lässt sich bräunen und wärmen durch sie, doch wirklich Gedanken macht man sich nicht darüber, was die Sonne überhaupt ist. Ein sehr faszinierender Stern. Schon alleine die Tatsache, dass der Kern um die 15 Millionen Grad Celsius aufweist und jede Sekunde 567 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium umgewandelt werden, ist unglaublich.
Allgemein ist das Universum in seiner Art extrem spektakulär. Um bei der Sonne zu bleiben. Sie ist 109 mal grösser als unsere Erde und dennoch nur ein mittelgrosser Planet!
Wenn man dann noch realisiert, dass das Licht des am nächstgelegenen Sterns mehr als vier Jahre braucht, bis es die Erde erreicht, wird es noch unbegreiflicher. Wir sehen also die Vergangenheit, wenn wir am Abend uns am Funkeln des Himmelszelts erfreuen. Gleich neben dem Planetarium liegt ein wunderschöner Park mit integriertem Rosengarten. Eine wahre Oase, um die Seele baumeln zu lassen! Umgeben ist dieser Ort von einem künstlich angelegten See, wo man Pedalo fahren kann. Solche Momente sind so evident wichtig, um dem Körper + Geist eine Verschnaufpause zu geben. Gleiches erlebte ich letzthin, als ich zwei Stationen zu spät aus dem Zug ausstieg und dadurch den Hafen von Olivos kennenlernte.

Die Gegend rund um das ESMA-Museum hatte noch einige weitere Dinge zu bieten, die ich vor einigen Wochen nicht mehr sehen konnte. Daraufhin beschloss ich dies nachzuholen. Leider war der Parque de la Memoria aufgrund der Vorwahlen geschlossen (Ja, so läuft das hier in Argentinien). Es stehen Wahlen in Argentinien an und das ist ganz eine grosse Sache. Neben dem das wie erwähnt  viele Orte/Parks sogar am Tag der Vorwahlen geschlossen haben, wird überall darauf aufmerksam gemacht. Ja richtig indoktriniert wird man beinahe schon. Das krasseste Beispiel fand über Monte Chingolo statt, als ein Flieger seine Runden drehte und man Wahlparolen eines Präsidentschaftskandidaten hörte. Verrückt, nicht wahr?  Zurück zum Park. Der Parque de la Memoria gedenkt an all die Menschen, die während der Militärdiktatur ihr Leben lassen mussten. Auch wenn nur von aussen gesehen, versprüht dieser Ort, direkt beim Rio de la Plata, eine gewisse Atmosphäre. Ein Ort der Ruhe und Besinnlichkeit. Ich genoss den Blick auf das Wasser, den Wind in den Haaren und die wunderschöne Abendstimmung. Solche Momente machen das Leben lebenswert!


Jo's Corner

Die Fahrten mit Ben im Auto sind immer wieder inspirierend. Gerade kürzlich empfahl er mir einige Podcasts zuhören. Unter anderem den von Oprah Winfrey gehosteten Super Soul Sunday. Hierbei sagte Maya Angelou, eine berühmte afro-amerikanische Bürgerrechtlerin: "When you know better, do better". Welch treffende Aussage! Weg von der Gleichgültigkeit. Wir haben einen Auftrag und sind keine Fische, die immer mit dem Strom schwimmen sollen.

Schenke einem Bettler doch einmal einen Kaffee oder wenigstens ein Lächeln. Bleib stehen beim Strassenmusiker und applaudiere, auch wenn es sonst niemand tut. Mit solchen Gesten können wir etwas in unserem Umfeld und auf der Welt verändern.


 -Jo


Nunca mas en mi vida. Die Papierchen werden dem Feuer übergeben.

El Ateneo. Ein Paradies für Buchliebhaber.

Planetario Galileo Galilei

El Rosedal

Rösti à la Argentina

Black & White 4.0
Parque de la Memoria




Samstag, 3. August 2019

Un monton de cosas

Buenas!

Wisst ihr was ich so toll hier in Argentinien finde? Dass man sich Dinge gönnen kann, die man sonst in der Schweiz nicht machen würde. Beispielsweise an einem Mittwoch um 22:00 ins Kino, um Lion King in 4D zu schauen und dabei nur 7.- zu bezahlen. Anschliessend für umgerechnet 5 Franken mit dem UBER nach Hause zu fahren. Der Film war by the way schlichtweg genial; Nostalgie pur! Besonders die Vater-Sohn-Beziehung und die Neugierde des kleinen Simba die Welt zu erkunden, haben mich sehr berührt. Die 4D-Effekte verstärkten das Ganze natürlich.
Oder gerade kürzlich ging ich für sage und schreibe 70 Rappen einen argentinischen Dokumentarfilm über Abfall resp. Recycling anschauen. Es hat mich gerade wieder wachgerüttelt, als ich den gigantischen Abfallberg sah, der sich ausserhalb vom Stadtzentrum befindet und die Menschen, welche den Müll sortieren. Diese Leute sind wahre Helden. Niemand von den noblen Städtern würde diese Arbeit machen. Auch hier geraten diese Kämpferinnen und Kämpfer in Vergessenheit, da die Regierung hierzu auch keinen grossen Beitrag leistet gegen die Armut etwas zu unternehmen. Glücklicherweise gibt es Kooperativen, welche sich für diese Leute einsetzen, ihnen Arbeit und Essen gibt. Trotzdem bleibt es eine ungesunde und anstrengende Beschäftigung. Die ganze Problematik rund um die Wegwerfgesellschaft und den unersättlichen Konsum zeigt sich mir wieder auf ein Neues. Hier hat Argentinien definitiv noch Nachholbedarf. Besonders im Trennen von verschiedenen Gütern und des immens hohen Plastikverbrauchs. 

Am vorletzten Donnerstag war ein ganz spezieller Tag. Wir fuhren mit den Kindern des Projekts, einigen Eltern und Betreuern in die Stadt ins Centro Cultural de Nestor Kirchner, um einige Workshops zu machen. Es war gelinde gesagt eine kleine Herausforderung die Rasselbande zeitweise ein wenig unter Kontrolle zu haben. Besonders ein Erlebnis blieb mir in Erinnerung als wir in einen Pavillon gingen, wo man verschiedene Kunstinstallationen ausprobieren durfte. Das Problem dabei: Es ist Kunst und kein Spielplatz. Die Mitarbeiter vor Ort waren nicht ganz unglücklich als wir wieder rausgingen ;-). Ansonsten war es im Grossen und Ganzen ein gelungener Ausflug, trotz der jeweils knapp einstündigen Busfahrt. Der spezielle Donnerstag endete mit dem offiziellen Abschied der beiden deutschen Volunteers, die ein ganzes Jahr im Projekt mitgewirkt haben.
Ich möchte dazu noch anfügen, dass ich mir mit 18 resp. 20 nicht zugemutet hätte für ein ganzes Jahr ins Ausland zu gehen und eine neue Sprache zu erlernen. Hier gilt mein grosser Respekt an alle deutschen Volunteers, die diesen mutigen Schritt gewagt haben! Besonderer Dank aber an meine beiden Co-Worker Noah und Annika. Gracias für die tolle Zeit :-)
Ab nun bin ich alleine als Volunteer im "La Sarten" tätig, bis die Nachfolger ihre Arbeit in einigen Wochen aufnehmen. Und nicht nur das. Absurderweise lebe ich nun für eine ganze Woche ganz alleine in der WG, da entweder die Heimreise oder Ferien bei den Anderen angesagt sind. Ein Mix aus Freude über die gewonnene Freiheit und Wehmut des Abschieds erfüllt mich. Realisiert man doch erst den Wert einer Sache, wenn man sie nicht mehr hat. Nun heisst es "Last Man Standing..."

Das letzte Wochenende mit allen Volunteers zusammen war schön. Am Freitag ein gemütliches Mittagessen im Haus der Koordinatorin der Dachorganisation. Jeder brachte etwas mit und trug so zur ausgelassenen Stimmung bei. Und ja es gab Fleisch und ja ich habe auch davon gegessen. Ich bin meiner treuen Vegetarier-Linie etwas abgewichen... Sorry for that. Am Abend dann Fiesta/Party. Das letzte Mal Ausgang mit allen Volunteers. Ich als "abuelo" nahm die Chance war und ging wieder einmal mit. Das Ganze ging dann leider etwas in die Hose, so dass ich dann selber in eine Bar ging und zur Musik der 2000er abtanzte.
Am Samstag wollte ich nach wenigen Stunden Schlaf ins örtliche Planetarium und den wunderschönen Rosengarten besuchen. Daraus wurde nichts. Die Tickets für die Vorstellungen waren ausverkauft und der Garten aus irgendwelchen Gründen geschlossen. So lief ich ein wenig in Palermo herum und fand so per Zufall die Pferderennbahn. Das gefällt mir so am selbständigen Erkunden in Buenos Aires. Man findet immer wieder neue Orte, wo man noch nicht war. Am Abend dann eine argentinische Spezialität, die sich "Matambre a la pizza" nennt und von unserem Hausmeister zum Abschluss zubereitet wurde. Fleischstücke, die zuerst gekocht, dann belegt und überbacken werden. Wir sind in Argentinien, da gibt es kein Tofu-Plättli ;-)

Der Sonntag war geprägt von Aufbruchsstimmung. Alle packten ihre Siebensachen, machten ihr Online-Checking oder kauften noch die letzten Souvenirs ein. Es kam mir schon ein bisschen suspekt vor, weil ich wusste, dass ich nicht mitgehen, sondern eben bleiben werde.
Am Abend dann das letzte gemeinsame Nachtessen mit allen zusammen in einem Parrilla-Restaurant. Ich genoss nochmals die Gemeinschaft, die ausgelassene Stimmung und die "Volunteer-Atmosphäre". Wir waren wie eine Familie. Und auch in der besten Community gibt es Reibereien, Unstimmigkeiten und dergleichen. Trotzdem hatten wir es immer gut zusammen! Dank den anderen Mitbewohnern im Haus, fühle ich mich nicht ganz so alleine. So assen wir gerade kürzlich selbstgemachte Pizza vor dem Fernseher, währenddem River Plate im Copa Libertadores gegen einen brasilianischen Club gewann. Die lautstarken Ausdrücke und gezeigten Emotionen des Hausmeisters während des Elfmeterschiessens waren fast hollywoodreif ;-) Nun bin ich gespannt die neuen (sehr jungen) Volunteers aus Deutschland in knapp einer Woche kennenzulernen.

Die letzten paar Tage waren mehr von Gesprächen geprägt. Am vergangenen Donnerstag ging ich zum letzten Mal in die Hillsong-Gruppe. Dabei machte ich eine spannende (sprachliche) Erfahrung. Ich war müde und im Hintergrund lief (spanische) Musik. Zusätzlich sprach der Leiter zwischendurch zu leise und schnell und eben alles auf Spanisch ;-) Das war zeitweise ziemlich challenging. Ihr könnt es euch vorstellen 😂
Gestern traf ich mich mit Ben und hatte wiedermal ein tiefgründiges und philosophisches Gespräch.
Er beeindruckt mich mit seiner ganzen Art und Ausstrahlung. Dank ihm lernte ich eine Menge an Dingen, so beispielsweise das bewusstere und leidenschaftlichere Leben. 

Ich schaue mir in letzter Zeit des Öfteren Dokus über Lebensgeschichten an, die mich sehr berühren. Klingt nach einer etwas absurd klingenden Methode, aber ich benötige solche Videos zeitweise als Erinnerung, um bewusst(er) ZU LEBEN (nicht aus Mitleid, sondern als Weckruf). So häufig kommt man in den Youtube-Netflix-Trägheits-Chill-Modus und vergisst dabei. was es für ein Geschenk ist Lebenszeit haben zu dürfen. Zu atmen, zu laufen, zu SEIN (s. Eintrag "JA zum Aktivsein"). Besonders zwei Videos blieben mir kürzlich in starker Erinnerung. Eines handelt von einem 8-jährigen Jungen, der an "Adrenoleukodystrophie“ leidet. Zuvor quicklebendig und gesund, rafft die seltene Erbkrankheit den kleinen Mann richtig dahin. Er wird schrittweise in seinem Körper gefangen, sieht nichts mehr und kann sich auch nicht mehr mitteilen. Wie unglaublich schlimm muss es sein, etwas in dieser Art erleben zu müssen? Und wir beschweren uns lautstark, wenn der Kaffee beim Take-Away eine Minute zu spät auf der Theke steht oder das Aromat im Küchenschrank fehlt...

Kenos kurzes Leben:

https://www.youtube.com/watch?v=Z1XsICmS-Io

Das andere Portrait handelt von einer jungen Frau, die ohne Eltern ihr Leben managen muss, aus unterer sozialer Schicht kommt und mit diesen Voraussetzungen ihren Traum als Richterin zu arbeiten, erfüllen will.

Julia will es wissen:

https://www.youtube.com/watch?v=zLEVqnNneM0



Jo's Corner

Komplimente. Es kann auch nur ein kleiner Satz sein und trotzdem einen grossen Unterschied bewirken. Ich erlebte dies kürzlich und realisierte, wie mir die Arbeit anschliessend viel leichter fiel und meine Laune sich rasant gebessert hat.

Mach doch heute jemandem ein Kompliment und zeige ihm deine Wertschätzung. Ganz egal ob es sich dabei um eine grosse oder kleine Sache handelt! 

Ich mag dieses Zitat, das meiner Meinung das Ganze kurz und knapp auf den Punkt bringt:

A compliment is verbal sunshine! 


-Jo


Bier am Abend ist wundervoll und labend


Konzert a la gorra

Yeaaah! Ausflug!
Pferderennbahn

Fresh from the hood

Zirkus zu Besuch im Projekt


Sonntag, 21. Juli 2019

5 Monate vorbei 1 weiterer folgt

Hola chicos y chicas!

Nur noch EINEN Monat und dann betrete ich wieder schweizer Boden (heitermi scho vermisst? ;-) )
Unglaublich, nicht wahr? Jetzt muss ich mich gegen Ende beim besten Willen noch beeilen alles zu erledigen, was auf der Bucket-List steht ;-) Marius ist unterdessen wieder abgereist und der Alltag mit Projekt und WG-Leben ist eingekehrt. Nun gut, ganz Alltag waren die letzen Tag nicht, da wir dank dem Nationalfeiertag eine verkürzte Woche "geniessen" durften. Am 9.Juli 1816 konnte Argentinien offiziell die Unabhängigkeit von Spanien erklären. Dieser Gedenktag jährte sich dieses Jahr bereits zum 203. Mal. Dazu gibt es jedes Mal eine (Militär)parade auf der Avenida del Libertador, wo dem Vaterland (Viva la Patria!), gehuldigt wird. Was mir dabei etwas schräg einfuhr, war die Zelebrierung der Kämpfer (Veteranen) der Falkland-Inseln, welche sich dazumal gegen die Briten gewehrt haben. Man fasst immer noch ein heisses Eisen an, wenn man öffentlich über diesen Teil Argentiniens spricht.

Kompost. Ein Wort, das für viele mit Essensabfällen und Gestank konnotiert wird. Doch Kompost ist viel mehr. Das lernte ich am vorletzten Donnerstag dank der WG-Mitbewohnerin von Sole (Mitarbeiterin des Projekts). Die gelernte Landschaftsarchitektin kommt in unregelmässigen Abständen ins Projekt, um naturverbundene Projekte zu realisieren. So beispielsweise der aus Lehm erschaffene Ofen. Dieses Mal erklärte sie uns die Grundlagen, um einen guten Kompost zu schaffen. Eine kleine Wissenschaft für sich. Insbesondere gefiel mir die Leidenschaft von Pamela währenddem sie uns das Ganze näherbrachte. Am späteren Abend folgte ich der Einladung meiner Spanischlehrerin und besuchte eine Theateraufführung ihrer Combo. Es hat sich gelohnt. Schon allein der spanischen Sprache wegen, aber auch einfach einen kulturellen Event zu besuchen. Ausserdem wieder einmal von Herzen zu lachen, tat der Seele gut. Zu meiner Freude findet die nächste Aufführung in wenigen Wochen kurz vor meiner Abreise statt.
Tags darauf wurde unsere Volunteer-Gruppe an die Universität von Lanus (ein wenig ausserhalb der Hauptstadt) eingeladen für ein paar kreative Workshops. Der erste bestand darin in die Welt des Siebdrucks einzutauchen und mehr Informationen darüber zu erhalten.
Der zweite wurde durch eine Gruppe weiblicher Streetartkünstlerinnen gestaltet, die uns ihre Projekte vorstellten und wir im Anschluss ein solches auf einer Stellwand realisieren durften. Alles in allem eine tolle Sache und einmal was anderes, als die sonst eher theorielastigen Seminare.

Nach einem eher trägen und lethargischen Samstag machte ich mich am Sonntag zur Feria de Mataderos auf. Ein Markt, ein wenig ausserhalb von Buenos Aires, wo Folklore noch gelebt wird. Eine Vielzahl an Markständen luden zum Kaufen und Bummeln ein und in der Mitte des Marktes gab es eine Bühne auf der verschiedene Formationen traditionelle Musik zum Besten gaben.
Vor der Bühne gab es genug Platz für Leute, die dazu tanzen wollten. Ein tolles Spektakel für mich als Städter, der beinahe nichts von der Pampa und dem Landleben Argentiniens mitbekommt. Man konnte förmlich den Stolz der anwesenden Tänzer und Tänzerinnen spüren, währenddem sie mit Banderas den typischen Chacarera tanzten.
Eine knappe Woche später ging es von Heiterkeit und Sonnenschein zu etwas sehr Ernstem.

Ich habe euch versprochen, dass ich mich mehr mit der Geschichte und der Sprache des Landes auseinandersetzen werde. Gesagt getan ;-)
Da ich mich privat mit den dunklen Seiten des Menschen, dessen Abgründen und dergleichen auseinandersetze, war es äusserst interessant ins ESMA-Musuem zu gehen. Eines der düstersten Kapitel der argentinischen Geschichte wird dort präsentiert. Die Diktatur während den 70iger und 80iger Jahren. Die ehemalige Marine-Schule (ESMA) fungierte in den erwähnten Jahren als eine Art Konzentrationslager für Leute, die sich gegen das Regime aufgebäumt hatten. Für knapp 5'000 Personen waren Folter und Tod in dieser Zeit an der Tagesordnung. Unbeschreibliche Gräueltaten wurden innerhalb der Gemäuer verübt und ich musste ein paar Mal leer schlucken als ich die Berichte im Museum las. Besonders furchtbar fand ich die "Todesflüge". Die Insassen erhielten eine Spritze, damit sie wehrlos wurden. Anschliessend brachte man sie in ein Flugzeug und warf sie (lebendig!) in den Ozean. Eine perverse Methode, um Aufständische verschwinden zu lassen und zu garantieren, dass keine Leichen auffindbar sind.

Projektbezogen machen mir zeitweise, die zwei Gesichter einiger Kinder zu schaffen. Einerseits wunderbare, talentierte Kids, die aber im gleichen Atemzug jemand anderen beleidigen, provozieren oder leicht handgreiflich werden. Mit dieser Divergenz umzugehen ist nicht immer einfach. Speziell als Jemanden, der noch keine Erfahrung in der Arbeit mit Kindern gesammelt hat, ist es heraufordernd herauszukristallisieren, wie man den besten Draht zu den Akteuren in diesen Situationen findet. Man ist weder Erziehungsberechtigter noch Lehrperson, sondern eben einfach ein Volunteer. Doch eignet man sich schrittweise Techniken an, um präventiv agieren zu können.

Das mit den zwei Gesichtern kann man teilweise auch auf das Zusammenleben mit den anderen Volunteers übertragen. Es ergeben sich oftmals tolle Gespräche und lustige Situationen. Dennoch gehen sie mir mit ihren Aktionen und Verhalten teilweise ein wenig auf den Geist. Kindergarten! So nenne ich jeweils die Situationen, wenn mein Herz nicht gerade Freudensprünge macht. Aber ich muss mich auch selbst an der Nase nehmen und durch die Augen der teilweise fast acht Jahre jüngeren Personen schauen. Sie sind halt einfach noch nicht an dem Punkt angelangt, an welchem ich stehe. Ihnen fehlt die Lebenserfahrung und auch sonst kleinere Dinge, die sie noch in ihren Lebensrucksack einpacken müssen. Alle kommen aus verschiedenen Familien mit unterschiedlichsten Prägungen, wodurch sie auch nicht die gleichen Voraussetzungen haben.
Den anderen Volunteers mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und nicht als Kritiker und Nörgler in Erinnerung zu bleiben. Das versuche ich mir zu verinnerlichen. Denn auch ich lerne einiges dank ihnen.


Jo's Corner:

JA und NEIN. Zwei kleine Worte, die grosse Wirkung erzeugen. Wie oft hat man schon bei etwas zugesagt, dem man sich im Nachhinein gereuig war. Oder eine Chance verpasst, weil man doch lieber auf Nummer sicher gehen wollte. Ich habe beides schon des Öfteren erlebt. Auf was will ich hinaus? Es geht mir einerseits darum sich selbst besser kennenzulernen und dadurch auch cleverere Entscheidungen zu fällen. Meistens spürt man, wie man entscheiden sollte, es aber dann aufgrund von diversen Faktoren doch nicht macht. Hierbei seine eigene Linie durchziehen und zu seiner Entscheidung stehen ist die wahre Challenge. Speziell bei mir auch NEIN zu sagen ohne schlechtes Gewissen, auch wenn mir irgendwelche Vorteile oder dergleichen angepriesen werden.

Halte kurz inne beim nächsten Mal bevor du etwas zu/absagst und höre auf dein Inneres.



-Jo



Streetmusic/Murga

Dia de la Independencia

Migros? Nid ganz...

Theater, what else?

Drucken will gelernt sein

Streetart-Projekt

Chacarera!

Mauer der Erinnerung



Freitag, 5. Juli 2019

EL NORTE

Los he extrañado mis amigos

Ich bin zurück von meiner 2.5 wöchigen Reise aus dem Nordwesten und Norden Argentiniens.
Erneut, wie bei meinem Patagonien-Blogeintrag, will ich mehr Bilder als Worte sprechen lassen und anhand dieser meine Reiseroute skizzieren.
Eine geballte Ladung an Bildern wartet auf euch.

Die erste Station hiess Esteros del Ibera und lag auf dem Weg zwischen Buenos Aires und den weltberühmten Wasserfällen Iguazus. Die Feuchtgebiete in Colonia San Pellegrini (ca. 800 Einwohner) sind die zweitgrössten der Welt und beheimaten eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Ein Ort, wo man als 0815-Tourist (noch) nicht wirklich Halt macht. Ein Grund ist hierbei sicher auch die etwas umständlichere Anfahrt. Nach der Ankunft in Mercedes mussten wir einige Stunden warten, bis wir um 09:00 den "Ibera Bus" in die Wetlands nehmen konnten. Die Fahrt war schon ein kleines Spektakel für sich. Das Gefährt war bereits etwas in die Jahre gekommen und transportierte neben Personen auch noch säckeweise Mehl, ein Fahrrad und weitere Güter. Die Colonia mutete an, als wäre man am Ende der Welt angelangt.

Welcome on board of Ibera Bus

Wasserschwein

Kaiman

Nachtwanderung




Hirsch in der Wildnis

Nach diesen zwei interessanten Tagen ging es zu einer der absoluten Hauptattraktionen unserer Reise. Die Iguazu-Wasserfälle. Und alle die bereits im voraus davon schwärmten und mir vor der Abreise mitteilten wie schön es sei, sollten Recht behalten. Umwerfend! Ein solches Wunder der Natur muss man mit eigenen Augen gesehen haben!
Zwar erinnerte mich die ganze Aufmachung, sowohl auf argentinischer als auch brasilianischer Seite , mehr an ein Disneyland ohne Mickey Mouse (Zitat Touristenguide) mit dem Touristenbus/zug und all den Verkaufsständen. Doch es war definitiv die Reise wert.


Vorsicht vor den Nasenbären! ;-)




Sicht von der brasilianischen Seite auf den Wasserfall

Garganta del Diablo (Teufelsschlund) auf der argentinischen Seite

Am dritten Tag unseres Aufenthalts in Puerto Iguazu, gingen wir ein zweites Mal nach Brasilien und schauten uns das grösste Wasserkraftwerk der Welt an. Itaipu. Auf sage und schreibe 170 km Länge wird der Parana-Fluss aufgestaut, um das Ungetüm am Laufen zu halten. Bei vollem Stauvolumen zweimal so gross wie der Bodensee!


Traumjob: Ticketverkäufer im Bus (inkl. gefedertem Sitz)


Itaipu-Staudamm in der Panoramaansicht


Danach bestiegen wir das Flugzeug und machten uns auf nach Salta, wo wir dann auch unser Mietauto in Empfang nahmen.

Ausblick auf Salta
Kathedrale (1) in Salta

Die erste Destination auf unserer Autoreise war Jujuy. Weder Salta noch Jujuy sind offen gesagt spektakuläre Städte. Schön anzusehen mit dem mediterranen Flair, aber das war es auch schon.
Mein Freund und ich stellten während unserem Trip die drei sich repetierenden Attraktionen jeder Stadt fest, die wären:  Kirche (1), Hautplatz (2) und Regierungsgebäude (3) ;-)


Hauptplatz (2) und Regierungsgebäude (3) von Jujuy

Das erste "spektakuläre" Reiseziel auf unserem Roadtrip war Humahuaca mit Zwischenstopp in Purmamarca. Purmamarca ist vor allem durch den siebenfarbigen Hügel besonders bei den Touristen ein beliebtes Ausflugsziel.


Hügel der sieben Farben (Mitte des Bildes)

Anschliessend hiess es Schotterpiste fahren und rauf auf 4'350 m.ü.M! Der Berg mit den 14 Farben (Hornocal) war unser Ziel. Mein erster Aufenthalt "hochalpin" in den Bergen.



Hornocal

Schotterpiste! Yay!


The proof! (Sanitäter schauten uns schmunzelnd während dem waghalsigen Manöver zu😄)
Am darauffolgenden Tag fuhren wir in die endlos weiten und eindrücklichen Salinas Grandes.

Souvenirs auf 4150 m.ü.M :-)


Figuren rein aus Salz gebaut



Fotoshooting für den nächsten GAP-Katalog

Wenn Colonia San Pellegrini am Ende der Welt liegt, dann kann San Antonio de los Corbes problemlos mithalten! 3'800 m.ü.M, kein gut funktionierendes mobiles Datennetz und von der Salzwüste nur via Schotterpiste erreichbar. Wir hofften und beteten ein paar Mal, dass kein Stein die Karosserie beschädigt oder in die Frontscheibe fliegt. Nach einem Sandsturm-Intermezzo in der Pampa und kurz vor dem Eindunkeln kamen wir an, und fanden dank einem Einheimischen ein gutes Hostel.


In the middle of nowhere: Guanaco


Es schneit!

Die Fahrt nach Cafayate war wiederum eine Wucht. Aber im positiven Sinne. Die Strecke führte durch eine Gegend, die derjenigen des Gran/Bryce Canyon ähnelt.





Valley

Teufelsschlund



Kaktus? Kaktus!

Unsere zweitletzte Destination hiess San Miguel de Tucuman, wo wir uns einerseits für einen günstigen Preis ein 4* Hotel inkl. Sauna und Fitness gönnten. Mann war das eine Freude! Andererseits besuchten wir die Yungas (regenwaldähnliche Landschaft) und ein Tierreservat, wo Wildtiere aufgepäppelt und teilweise wieder in Freiheit entlassen werden.



Yunga


Irland? Nein, Argentinien!

FC Rüebliacher United vs. Bodewälzer Juniors

In Cordoba spürten wir die Reisestrapazen der letzten paar Tage und nahmen es eher gemütlich.
Ein wenig Sightseeing bis es dann wieder nach Buenos Aires ging.

Kathedrale von Cordoba

Capuchino (nein nicht der Kaffee😄) Kirche

Plaza San Martin (der Befreier Argentiniens)

Was für eine fantastische Reise!!! Gott sei Dank lief alles reibungslos und auch mit meinem Freund gab es nie Knatsch. Wir ergänzten uns super und ich bin sehr dankbar dafür, dass er mich auf diesem Abenteuer begleitet hat. Muchas gracias Marius!😎



Mit Speed Unlimited unterwegs

Jo's Corner:

Ruhen ist nicht optional sondern evident.
In der Bibel steht: Am siebten Tag sollst du ruhen. Dieser Satz kam mir besonders wieder während unserer Reise in den Sinn. An einem Tag in Jujuy nahmen wir uns beispielsweise bewusst einen Tag "frei", um einfach mal zu geniessen ohne der nächsten Attraktion hinterher zu rennen. Ganz nach dem Motto: Man muss nicht alles gesehen haben.

Nimm dir doch bewusst jede Woche mindestens einen Tag frei, um die Seele baumeln zu lassen.




-Jo