Sonntag, 21. Juli 2019

5 Monate vorbei 1 weiterer folgt

Hola chicos y chicas!

Nur noch EINEN Monat und dann betrete ich wieder schweizer Boden (heitermi scho vermisst? ;-) )
Unglaublich, nicht wahr? Jetzt muss ich mich gegen Ende beim besten Willen noch beeilen alles zu erledigen, was auf der Bucket-List steht ;-) Marius ist unterdessen wieder abgereist und der Alltag mit Projekt und WG-Leben ist eingekehrt. Nun gut, ganz Alltag waren die letzen Tag nicht, da wir dank dem Nationalfeiertag eine verkürzte Woche "geniessen" durften. Am 9.Juli 1816 konnte Argentinien offiziell die Unabhängigkeit von Spanien erklären. Dieser Gedenktag jährte sich dieses Jahr bereits zum 203. Mal. Dazu gibt es jedes Mal eine (Militär)parade auf der Avenida del Libertador, wo dem Vaterland (Viva la Patria!), gehuldigt wird. Was mir dabei etwas schräg einfuhr, war die Zelebrierung der Kämpfer (Veteranen) der Falkland-Inseln, welche sich dazumal gegen die Briten gewehrt haben. Man fasst immer noch ein heisses Eisen an, wenn man öffentlich über diesen Teil Argentiniens spricht.

Kompost. Ein Wort, das für viele mit Essensabfällen und Gestank konnotiert wird. Doch Kompost ist viel mehr. Das lernte ich am vorletzten Donnerstag dank der WG-Mitbewohnerin von Sole (Mitarbeiterin des Projekts). Die gelernte Landschaftsarchitektin kommt in unregelmässigen Abständen ins Projekt, um naturverbundene Projekte zu realisieren. So beispielsweise der aus Lehm erschaffene Ofen. Dieses Mal erklärte sie uns die Grundlagen, um einen guten Kompost zu schaffen. Eine kleine Wissenschaft für sich. Insbesondere gefiel mir die Leidenschaft von Pamela währenddem sie uns das Ganze näherbrachte. Am späteren Abend folgte ich der Einladung meiner Spanischlehrerin und besuchte eine Theateraufführung ihrer Combo. Es hat sich gelohnt. Schon allein der spanischen Sprache wegen, aber auch einfach einen kulturellen Event zu besuchen. Ausserdem wieder einmal von Herzen zu lachen, tat der Seele gut. Zu meiner Freude findet die nächste Aufführung in wenigen Wochen kurz vor meiner Abreise statt.
Tags darauf wurde unsere Volunteer-Gruppe an die Universität von Lanus (ein wenig ausserhalb der Hauptstadt) eingeladen für ein paar kreative Workshops. Der erste bestand darin in die Welt des Siebdrucks einzutauchen und mehr Informationen darüber zu erhalten.
Der zweite wurde durch eine Gruppe weiblicher Streetartkünstlerinnen gestaltet, die uns ihre Projekte vorstellten und wir im Anschluss ein solches auf einer Stellwand realisieren durften. Alles in allem eine tolle Sache und einmal was anderes, als die sonst eher theorielastigen Seminare.

Nach einem eher trägen und lethargischen Samstag machte ich mich am Sonntag zur Feria de Mataderos auf. Ein Markt, ein wenig ausserhalb von Buenos Aires, wo Folklore noch gelebt wird. Eine Vielzahl an Markständen luden zum Kaufen und Bummeln ein und in der Mitte des Marktes gab es eine Bühne auf der verschiedene Formationen traditionelle Musik zum Besten gaben.
Vor der Bühne gab es genug Platz für Leute, die dazu tanzen wollten. Ein tolles Spektakel für mich als Städter, der beinahe nichts von der Pampa und dem Landleben Argentiniens mitbekommt. Man konnte förmlich den Stolz der anwesenden Tänzer und Tänzerinnen spüren, währenddem sie mit Banderas den typischen Chacarera tanzten.
Eine knappe Woche später ging es von Heiterkeit und Sonnenschein zu etwas sehr Ernstem.

Ich habe euch versprochen, dass ich mich mehr mit der Geschichte und der Sprache des Landes auseinandersetzen werde. Gesagt getan ;-)
Da ich mich privat mit den dunklen Seiten des Menschen, dessen Abgründen und dergleichen auseinandersetze, war es äusserst interessant ins ESMA-Musuem zu gehen. Eines der düstersten Kapitel der argentinischen Geschichte wird dort präsentiert. Die Diktatur während den 70iger und 80iger Jahren. Die ehemalige Marine-Schule (ESMA) fungierte in den erwähnten Jahren als eine Art Konzentrationslager für Leute, die sich gegen das Regime aufgebäumt hatten. Für knapp 5'000 Personen waren Folter und Tod in dieser Zeit an der Tagesordnung. Unbeschreibliche Gräueltaten wurden innerhalb der Gemäuer verübt und ich musste ein paar Mal leer schlucken als ich die Berichte im Museum las. Besonders furchtbar fand ich die "Todesflüge". Die Insassen erhielten eine Spritze, damit sie wehrlos wurden. Anschliessend brachte man sie in ein Flugzeug und warf sie (lebendig!) in den Ozean. Eine perverse Methode, um Aufständische verschwinden zu lassen und zu garantieren, dass keine Leichen auffindbar sind.

Projektbezogen machen mir zeitweise, die zwei Gesichter einiger Kinder zu schaffen. Einerseits wunderbare, talentierte Kids, die aber im gleichen Atemzug jemand anderen beleidigen, provozieren oder leicht handgreiflich werden. Mit dieser Divergenz umzugehen ist nicht immer einfach. Speziell als Jemanden, der noch keine Erfahrung in der Arbeit mit Kindern gesammelt hat, ist es heraufordernd herauszukristallisieren, wie man den besten Draht zu den Akteuren in diesen Situationen findet. Man ist weder Erziehungsberechtigter noch Lehrperson, sondern eben einfach ein Volunteer. Doch eignet man sich schrittweise Techniken an, um präventiv agieren zu können.

Das mit den zwei Gesichtern kann man teilweise auch auf das Zusammenleben mit den anderen Volunteers übertragen. Es ergeben sich oftmals tolle Gespräche und lustige Situationen. Dennoch gehen sie mir mit ihren Aktionen und Verhalten teilweise ein wenig auf den Geist. Kindergarten! So nenne ich jeweils die Situationen, wenn mein Herz nicht gerade Freudensprünge macht. Aber ich muss mich auch selbst an der Nase nehmen und durch die Augen der teilweise fast acht Jahre jüngeren Personen schauen. Sie sind halt einfach noch nicht an dem Punkt angelangt, an welchem ich stehe. Ihnen fehlt die Lebenserfahrung und auch sonst kleinere Dinge, die sie noch in ihren Lebensrucksack einpacken müssen. Alle kommen aus verschiedenen Familien mit unterschiedlichsten Prägungen, wodurch sie auch nicht die gleichen Voraussetzungen haben.
Den anderen Volunteers mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und nicht als Kritiker und Nörgler in Erinnerung zu bleiben. Das versuche ich mir zu verinnerlichen. Denn auch ich lerne einiges dank ihnen.


Jo's Corner:

JA und NEIN. Zwei kleine Worte, die grosse Wirkung erzeugen. Wie oft hat man schon bei etwas zugesagt, dem man sich im Nachhinein gereuig war. Oder eine Chance verpasst, weil man doch lieber auf Nummer sicher gehen wollte. Ich habe beides schon des Öfteren erlebt. Auf was will ich hinaus? Es geht mir einerseits darum sich selbst besser kennenzulernen und dadurch auch cleverere Entscheidungen zu fällen. Meistens spürt man, wie man entscheiden sollte, es aber dann aufgrund von diversen Faktoren doch nicht macht. Hierbei seine eigene Linie durchziehen und zu seiner Entscheidung stehen ist die wahre Challenge. Speziell bei mir auch NEIN zu sagen ohne schlechtes Gewissen, auch wenn mir irgendwelche Vorteile oder dergleichen angepriesen werden.

Halte kurz inne beim nächsten Mal bevor du etwas zu/absagst und höre auf dein Inneres.



-Jo



Streetmusic/Murga

Dia de la Independencia

Migros? Nid ganz...

Theater, what else?

Drucken will gelernt sein

Streetart-Projekt

Chacarera!

Mauer der Erinnerung



Freitag, 5. Juli 2019

EL NORTE

Los he extrañado mis amigos

Ich bin zurück von meiner 2.5 wöchigen Reise aus dem Nordwesten und Norden Argentiniens.
Erneut, wie bei meinem Patagonien-Blogeintrag, will ich mehr Bilder als Worte sprechen lassen und anhand dieser meine Reiseroute skizzieren.
Eine geballte Ladung an Bildern wartet auf euch.

Die erste Station hiess Esteros del Ibera und lag auf dem Weg zwischen Buenos Aires und den weltberühmten Wasserfällen Iguazus. Die Feuchtgebiete in Colonia San Pellegrini (ca. 800 Einwohner) sind die zweitgrössten der Welt und beheimaten eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Ein Ort, wo man als 0815-Tourist (noch) nicht wirklich Halt macht. Ein Grund ist hierbei sicher auch die etwas umständlichere Anfahrt. Nach der Ankunft in Mercedes mussten wir einige Stunden warten, bis wir um 09:00 den "Ibera Bus" in die Wetlands nehmen konnten. Die Fahrt war schon ein kleines Spektakel für sich. Das Gefährt war bereits etwas in die Jahre gekommen und transportierte neben Personen auch noch säckeweise Mehl, ein Fahrrad und weitere Güter. Die Colonia mutete an, als wäre man am Ende der Welt angelangt.

Welcome on board of Ibera Bus

Wasserschwein

Kaiman

Nachtwanderung




Hirsch in der Wildnis

Nach diesen zwei interessanten Tagen ging es zu einer der absoluten Hauptattraktionen unserer Reise. Die Iguazu-Wasserfälle. Und alle die bereits im voraus davon schwärmten und mir vor der Abreise mitteilten wie schön es sei, sollten Recht behalten. Umwerfend! Ein solches Wunder der Natur muss man mit eigenen Augen gesehen haben!
Zwar erinnerte mich die ganze Aufmachung, sowohl auf argentinischer als auch brasilianischer Seite , mehr an ein Disneyland ohne Mickey Mouse (Zitat Touristenguide) mit dem Touristenbus/zug und all den Verkaufsständen. Doch es war definitiv die Reise wert.


Vorsicht vor den Nasenbären! ;-)




Sicht von der brasilianischen Seite auf den Wasserfall

Garganta del Diablo (Teufelsschlund) auf der argentinischen Seite

Am dritten Tag unseres Aufenthalts in Puerto Iguazu, gingen wir ein zweites Mal nach Brasilien und schauten uns das grösste Wasserkraftwerk der Welt an. Itaipu. Auf sage und schreibe 170 km Länge wird der Parana-Fluss aufgestaut, um das Ungetüm am Laufen zu halten. Bei vollem Stauvolumen zweimal so gross wie der Bodensee!


Traumjob: Ticketverkäufer im Bus (inkl. gefedertem Sitz)


Itaipu-Staudamm in der Panoramaansicht


Danach bestiegen wir das Flugzeug und machten uns auf nach Salta, wo wir dann auch unser Mietauto in Empfang nahmen.

Ausblick auf Salta
Kathedrale (1) in Salta

Die erste Destination auf unserer Autoreise war Jujuy. Weder Salta noch Jujuy sind offen gesagt spektakuläre Städte. Schön anzusehen mit dem mediterranen Flair, aber das war es auch schon.
Mein Freund und ich stellten während unserem Trip die drei sich repetierenden Attraktionen jeder Stadt fest, die wären:  Kirche (1), Hautplatz (2) und Regierungsgebäude (3) ;-)


Hauptplatz (2) und Regierungsgebäude (3) von Jujuy

Das erste "spektakuläre" Reiseziel auf unserem Roadtrip war Humahuaca mit Zwischenstopp in Purmamarca. Purmamarca ist vor allem durch den siebenfarbigen Hügel besonders bei den Touristen ein beliebtes Ausflugsziel.


Hügel der sieben Farben (Mitte des Bildes)

Anschliessend hiess es Schotterpiste fahren und rauf auf 4'350 m.ü.M! Der Berg mit den 14 Farben (Hornocal) war unser Ziel. Mein erster Aufenthalt "hochalpin" in den Bergen.



Hornocal

Schotterpiste! Yay!


The proof! (Sanitäter schauten uns schmunzelnd während dem waghalsigen Manöver zu😄)
Am darauffolgenden Tag fuhren wir in die endlos weiten und eindrücklichen Salinas Grandes.

Souvenirs auf 4150 m.ü.M :-)


Figuren rein aus Salz gebaut



Fotoshooting für den nächsten GAP-Katalog

Wenn Colonia San Pellegrini am Ende der Welt liegt, dann kann San Antonio de los Corbes problemlos mithalten! 3'800 m.ü.M, kein gut funktionierendes mobiles Datennetz und von der Salzwüste nur via Schotterpiste erreichbar. Wir hofften und beteten ein paar Mal, dass kein Stein die Karosserie beschädigt oder in die Frontscheibe fliegt. Nach einem Sandsturm-Intermezzo in der Pampa und kurz vor dem Eindunkeln kamen wir an, und fanden dank einem Einheimischen ein gutes Hostel.


In the middle of nowhere: Guanaco


Es schneit!

Die Fahrt nach Cafayate war wiederum eine Wucht. Aber im positiven Sinne. Die Strecke führte durch eine Gegend, die derjenigen des Gran/Bryce Canyon ähnelt.





Valley

Teufelsschlund



Kaktus? Kaktus!

Unsere zweitletzte Destination hiess San Miguel de Tucuman, wo wir uns einerseits für einen günstigen Preis ein 4* Hotel inkl. Sauna und Fitness gönnten. Mann war das eine Freude! Andererseits besuchten wir die Yungas (regenwaldähnliche Landschaft) und ein Tierreservat, wo Wildtiere aufgepäppelt und teilweise wieder in Freiheit entlassen werden.



Yunga


Irland? Nein, Argentinien!

FC Rüebliacher United vs. Bodewälzer Juniors

In Cordoba spürten wir die Reisestrapazen der letzten paar Tage und nahmen es eher gemütlich.
Ein wenig Sightseeing bis es dann wieder nach Buenos Aires ging.

Kathedrale von Cordoba

Capuchino (nein nicht der Kaffee😄) Kirche

Plaza San Martin (der Befreier Argentiniens)

Was für eine fantastische Reise!!! Gott sei Dank lief alles reibungslos und auch mit meinem Freund gab es nie Knatsch. Wir ergänzten uns super und ich bin sehr dankbar dafür, dass er mich auf diesem Abenteuer begleitet hat. Muchas gracias Marius!😎



Mit Speed Unlimited unterwegs

Jo's Corner:

Ruhen ist nicht optional sondern evident.
In der Bibel steht: Am siebten Tag sollst du ruhen. Dieser Satz kam mir besonders wieder während unserer Reise in den Sinn. An einem Tag in Jujuy nahmen wir uns beispielsweise bewusst einen Tag "frei", um einfach mal zu geniessen ohne der nächsten Attraktion hinterher zu rennen. Ganz nach dem Motto: Man muss nicht alles gesehen haben.

Nimm dir doch bewusst jede Woche mindestens einen Tag frei, um die Seele baumeln zu lassen.




-Jo