Dienstag, 23. April 2019

Tango! Palermo! La Plata!

Hola mis amigas y amigos 😊

Am vergangenen Dienstag ist es passiert! Ich habe mich, nach kurzem Zögern, dazu überwunden mit anderen Volunteers zusammen Tango tanzen zu gehen. Kurzum: Ich war total begeistert! Als blutiger Amateur war ich sehr froh darüber, dass wir und andere Teilnehmer eine Einführungslektion erhielten, wo man die ersten Schritte dieses Tanzes erlernte. Die Eleganz, der Stolz und die Sinnlichkeit, welche der Tango ausstrahlt, ist umwerfend. Ich habe mich in diese Tanzart verliebt und hoffe meine Skills als "Tangotänzer" in den kommenden Monaten noch zu verbessern.
Die Location als solche ist ebenfalls erwähnenswert. Eine lauschige, leicht schummrige Halle, wo man richtig ins authentische Buenos Aires der 60er Jahre zurückversetzt wird. Das ist es, was ich erleben will. Sich auf Neues einlassen und nicht schon im Voraus den Riegel vorschieben und sich komplett von neuen Chancen abwenden.

Nach meiner bereits absolvierten Free-Walking-Tour am vergangenen Wochenende, machte ich mich am Freitag, nach meinem allwöchtenlichen, einstündingen Spanischkurs auf den Weg, um das Viertel Recoleta unter die Lupe zu nehmen. Wiederum lief ich mit dutzend anderen Touris durch die Gassen Buenos Aires. Recoleta gehört zu den noblen Stadtteilen und es war faszinierend Anekdoten aus vergangen Tagen vom Tourguide erzählt zu bekommen.
Auf meiner Suche nach "Orten der Ruhe" (Anm.d. Verf. : Die Anführungszeichen wurden gesetzt, da man in B.A praktisch keinen Ort findet, wo wirklich Ruhe und Einsamkeit herrscht), bin ich auf den schönen Jardin Botanico im Stadtteil Palermo gestossen. Ein Ort, der mit seinen Büsten, dem schmucken Gewächshaus und einem edlen Herrschaftshaus eine Prise Noblesse versprüht.
Ich geniesse es, einfach inmittten der Stadt, zwischendurch solch grüne Oasen kostenlos zu besuchen.
Der Herbst hat nun defintiv Einzug gehalten. Die Temperaturen sind immer noch angenehm, doch man spürt, dass es am Abend einerseits kühler wird und andererseits die Sonne auch früher untergeht (und ja es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb ich den Wechsel der Jahreszeit bemerke:
Ich durfte schon zweimal Laub rechen im Projekt).

Am Sonntag fuhr ich mit dem Zug nach La Plata. Eine durchaus sehenswerte Stadt, ungefähr eine Stunde von Buenos Aires entfernt. Die Zugfahrt war für sich alleine schon die Reise wert ;-)
Neben Einfädelhilfen und allerlei möglichem  Gebäck/Süssigkeiten, wurden mir und den anderen Passagieren auf der kanpp 1.5h stündigen Fahrt sogar Ibuprofen feilgeboten. Was mich dabei jedoch erstaunt, ist der Respekt, welcher allgemein den Mitmenschen gezollt wird. Praktisch jedes Mal wird applaudiert, wenn eine Musikgruppe in der U-Bahn spielt oder es wird der Sitzplatz freigegeben, wenn z.B ein Vater mit seiner kleinen Tochter in den Zug einsteigt.
Um 12:00 ging ich, anlässlich des Ostersonntags in die spektakuläre Kathedrale, um an der Eucharistiefeier teilzunehmen. Als Protestant lerne ich immer wie mehr die Welt der Katholiken kennen. Einen ersten, tieferen Eindruck erhielt ich vor knapp einem Jahr, als ich mir eine dreitägige Auszeit in der Abbaye d'Hauterive im Kanton Freiburg nahm. Trotz der vielen Skandale hat die katholische Kirche auch viel Positives zu bieten. Besonders die tiefe Ehrfurcht vor Jesus und dem damit verbundenen Abendmahl, finde ich nachahmenswert.
Es geschah mehr aus einem Zufall heraus, dass ich mich nach längerem Bummeln in das Café neben einem Foodfestival setzte, um einem Kaffee zu trinken. Da sprach mich eine Mitfünzigerin an und bat mich darum, auf Google Maps nach der nächstbesten Apotheke zu suchen. Im Nachhinein weiss ich nicht, ob sie diese Frage nur als Vorwand brauchte um mit mir ins Gespräch zu kommen oder ob sie grundsätzlich wirklich dorthin gehen wollte (denn schlussendlich ging sie nicht). Jedenfalls fragte sie mich höflich, nachdem wir ein wenig ins Gespräch kamen, ob sie sich zu mir setzen darf. Es waren am Ende ungefähr 2.5h in denen sie mir über ihr momentanes Studium, die politische Lage Argentiniens und das ganze soziale Geschehen berichtete. Sie kam richtig in Fahrt und ich versuchte ihren Gedankengängen so gut wie es ging zu folgen. Obwohl es mit Anstrengung verbunden war, nahm ich diese Gelegenheit als gute Übung wahr, meine Spanischkenntnisse zu verbessern.
Die Sprache nicht nur theoretisch lernen, sondern eben auch zu praktizieren. 
Schlussendlich gab sie mir ihre Telefonnummer und nun habe ich eine argentinische Kollegin in La Plata😁 Wie es der Zufall wollte, ist sie auch Sozialarbeiterin und es können sich sicher noch weitere, tolle Dialoge mit ihr über Gott und die Welt ergeben. Besonders auch in der Hinsicht ein paar Tipps für meine zukünftige Ausbildung zu erhalten.

Im Projekt wurde durch die Anstellung eines Theaterlehrers, nun ein interessantes Wochenprogramm auf die Beine gestellt. Es existieren hierzu zwei, dem Alter nach getrennte Gruppen. "Los Cocos" (6-9 Jahre) und "Los Titanes" (9-13 Jahre). Montags steht für die Kinder jeweils entweder Kunst oder Theater auf dem Programm. Dienstags dreht sich (fast) alles um die Musik. Zur Zeit beginnen die Vorbereitungen für eine im November stattfindende "Murga" (eine Art Umzug), welche im Projekt vonstattengehen wird. Hierbei lernen die Kinder den Umgang mit Rhythmusinstrumenten. In der Mitte der Woche gibt es Workshops im Bereich Ernährung und Fitness --> Garten, Kochen oder Sport. Ein kleiner Garten, um eigenes Gemüse anzupflanzen, befindet sich  in Planung. Am letzten der vier Tage ist dann einfach Spielen angesagt. Dafür sind wir die letzten Male zum nahegelegenen Spielplatz gelaufen und haben uns dort ausgetobt.
Wie ihr sehen könnt, ein buntgemischtes Angebot! Genau das Richtige für jemanden wie mich, der sich zwischendurch etwas schwer tut, nur wenige, dafür konkrete Interessen aufrechzuerhalten ;-)
Als leidenschaftlicher Schlagzeuger und Hobbykoch setzte ich mich gerne mit Rhythmus und Kulinarik auseinander. Sport ist für mich ein wichtiger Ausgleich zum routinemässigen Alltag. In der Schweiz half ich ab und an meiner Mutter im Garten und spiel(t)e, wenn sich die Gelegenheit ergibt, auch mal spontan in Sketches o.ä mit.



Jo's Corner:

Ich habe das Gefühl für den bewussten Genuss verloren. Immer wie mehr eile ich etwas nach, von dem ich selbst nicht genau weiss, was es ist. Konkretes Beispiel: Essen. So häufig esse ich einfach mit einer Selbstverständlichkeit und nicht besonders aufmerksam. Hinzu kommt eine Hast die Mahlzeit schnell zu beenden und dann im Hamsterrad des Daily Business weiterzudrehen.
Wieso nicht einfach mal gemütlich hinsitzen und jeden Bissen bewusst kauen?  Keine Ablenkung, sondern nur du und dein Gericht.
Ich versuche mir nun beizubringen, vermehrt jedes Mal mindestens 20x zu kauen, bis ich den Bissen runterschlucke. Und auch nicht so schnell etwas runterzuschlingen, als müsste ich in wenigen Minuten auf den Zug. Hat den Vorteil einerseits zur Ruhe zu kommen und den Geschmack des Essen voll auszukosten und andererseits ist es gesünder und man wird schneller satt. Allgemein bewusster leben und sich nicht einfach gedankenlos einreden, man bekomme ja sowieso wieder einmal die Chance dies zu tun oder jenes zu essen.


Sei die beste Version deiner selbst; trage deinem Körper und Geist sorge.


-Jo

Monument für den General San Martin (Der "Befreier" Argentiniens)

Drum it!


Eingang des Jardin Botanico

Der "La Catedral (Tango) Club"



Die Kathedrale von La Plata

 Black & White 3.0





Montag, 15. April 2019

2 Monate vorbei und weitere 4 folgen

Buenos Dias!

Der Grund weshalb ich erst jetzt wieder einen Blogeintrag mache, liegt schlicht und ergreifend darin, dass sich etwas etabliert hat: Der Alltag. Und der ist bekanntlich nicht immer so spannend. Projekt, Sport, Seminar, Wochenende, Nun habe ich aber wieder ein paar tolle Dinge erlebt, von denen ich euch berichten möchte.
Ich suche, wie bereits mehrfach erwähnt, gerne zwischendurch die Einsamkeit und Stille (so gut wie es eben in B.A geht). So machte ich mich eines Nachmittags auf den Weg ins Reserva Ecologica de Buenos Aires. Ein Naturschutzgebiet inmitten der Stadt, gedacht zur Erholung und Kontemplation. Es war genau das Richtige, was ich brauchte, um nach dem Patagonien-Minialltagsschock und weiteren kleineren Erlebnissen wieder meine innere Mitte zu finden.

Ausnahmsweise hatten wir einmal an einem Samstag das Seminar. Es war allerdings nicht ein gewöhnliches Treffen, sondern wir hatten eine "Mission". An einer Art Veranstaltung, bei der verschiedenste, soziale Organisationen vertreten waren, liefen wir mit T-shirts unserer Dachorganisation umher und verteilten Flyer. Und da kam dieses merkwürdige Gefühl. Ein Gefühl zwischen leichter Verzweiflung und dem Drang aus der Komfortzone heraus zu kommen. Einfach so Menschen ansprechen und über Outgoing-Programme sprechen, obwohl meine sprachlichen Fähigkeiten ziemlich begrenzt sind? Im Endeffekt konnte ich mich einigen anderen Volunteers anschliessen und die Sache war nur noch halb so wild. Doch es lehrte mich wieder einmal, wie es sich wohl anfühlt fremd zu sein und das eigentliche Fundament eines Landes, die Sprache, nicht zu beherrschen. So ergeht es also den tausenden von Flüchtlingen, die beispielsweise in die Schweiz kommen und sich dort einleben und anpassen müssen. Ich habe das Privileg wieder nach Hause gehen zu können und ich verstand ja bereits vorher ein wenig die hiesige Sprache. Doch wie ist es wohl, wenn man weiss, dass man vielleicht nie mehr zurückkehren kann?
Hier in Argentinien hat man viel Zeit sich Gedanken zu machen. Manchmal sogar ein wenig zu viel.  Und ich kann es gerne noch ein hundertstes Mal betonen: Ich lerne viel hier!

Ja, die liebe Volunteer-WG. Durch meine bereits gemachten Erfahrungen, ist es witzig Parallelen zu meinem früherigen WG-Leben festzustellen. So etwa die beiden bekannten Probleme:
  • Ich habe das letzte Stück Kuchen genommen, aber es würde mir nie im Leben in den Sinn kommen das Gefäss zu reinigen, in welchem der Kuchen drin war
  • Oder, um beim Kuchen zu bleiben. Ich schneide mir extra so ein Stück ab, damit zwar am Ende fast nichts mehr übrig bleibt, ich jedoch garantiert nicht abwaschen muss ;-) 
Auf gut Berndeutsch dachte ich mir nur: "Es heimelet grad chli a die aute Zyte" :-)

Eine Challenge, von der ich euch noch nicht erzählt habe, spielt sich jeden Tag auf den Strassen von Buenos Aires ab. Nämlich die "Hoffentlich-stehe-ich-nicht-in-die-Hundekacke-Challenge". Es sieht zwischendurch fast wie eine Art Walzer aus, wenn ich mich durch die Hauptstadt Argentiniens bewege... ;-)

Am vergangenen Samstag wollte ich etwas mehr über Buenos Aires erfahren und schloss mich einer Free-Walking-Tour-Gruppe an, um zentrale Aspekte dieser Stadt kennen zu lernen. Die Tour führte während drei Stunden zu den zentralen Orten im Zentrum. Dabei war es sehr spannend die verschiedenen Facetten dieses Ortsteils besser kennenzulernen und intensiver in die Kultur einzutauchen. Die ganze Geschichte rund um die Entwicklung, Diktatur und die heutigen Gegebenheiten der Millionenmetropole, waren faszinierend. Ausserdem war es wiederum etwas, was mich aus der WG rausgeführt hat (Stichwort: Pro-Aktiv sein!). Ich lerne Buenos Aires immer wie mehr schätzen und lieben. Argentinien allgemein. Solch eine Diversität in einem einzigen Land vorzufinden, ist fantastisch!   

Zum Ausklang des Wochenendes traf ich mich am Sonntagabend mit einer ehemaligen Volunteerin aus der Schweiz, die zur Zeit in Buenos Aires Soziologie studiert. Nach zwei Monaten wieder einmal ein "Stückchen Heimat" zu haben, war weniger speziell, als ich es erwartet habe. Wenn wir schon beim Thema "Schweizer(in) in Argentinien" sind, dann gibt es diesbezüglich zusätzliche News. Ein guter Kollege von mir, wird mich voraussichtlich Mitte Juni besuchen. Geplant ist anschliessend eine ca. zweiwöchige Reise in den Norden und Nordwesten Argentiniens. Zwar grundsätzlich das genaue Gegenteil von Patagonien und dennoch sehr empfehlenswert, wie mir von vielen Seiten her beigepflichtet wurde.


Jo's Corner: 

Sei mutig für Veränderungen. Dieser Gedanke beschäftig mich schon eine längere Zeit hier in Argentinien. Ich frage dich: Wie wäre es damit eine neue Sprache zu erlernen, ein neues Hobby anzufangen oder einem Club/Verein beizutreten? Ganz zu schweigen von stiltechnischen Dingen, die man verändern kann (Haarschnitt, Kleidung usw.). Alltag und Routine sind schön und gut, können aber längerfristig auch zu Trägheit und Bequemlichkeit führen. Bringe Veränderung in dein Leben!


Deine Zeit hier auf der Erde ist begrenzt, mache etwas Spannendes daraus!


-Jo



Kontrast zwischen Reserva Ecologica und Downtown B.A


Let's twist again :-)

Congreso

Wieder einmal Kind sein

Allabendliche Prozession am Plaza de Mayo, um die riesige Argentinienflagge wieder zurück in den Präsidentenpalast zu transportieren (man beachte das Sonnensymbol der Flagge, welches perfekt nach oben zeigt)